Was, wenn eine Schule – und sei sie noch so bescheiden – den Teufelskreis von Gewalt und Hass zwischen Christen und Muslimen stoppen könnte? In Äthiopien scheint dies Pastor Docho gelungen zu sein.
Abiti ist ein kleines Dorf inmitten eines riesigen Waldes in Äthiopien. Es wird von einer einzigen unbefestigten Strasse durchquert und ist voller Leben: Strassenverkäufer, Ziegen, die nach Futter suchen, Eselsgespanne, die schwere Waren transportieren, usw.
Vor dreissig Jahren war die Bevölkerung zu 100 % muslimisch. Alle Kinder «wussten», dass die Bibel ein gefälschtes Buch war und dass es eine grosse Sünde war, den Islam zu verlassen, um Christ zu werden. Aber Mitte der 1990er Jahre kam eine Handvoll christlicher Äthiopier in diese kleine Stadt, die mitten im Wald verloren war, um zu evangelisieren. Es waren etwa fünfzehn, darunter ein junger Pastor namens Docho (Deckname).
Geschlagen und entführt
Zunächst kauften sie ein Stück Land und bauten darauf eine Kirche. Die örtlichen Behörden überhäuften sie mit Steuern. Ausserdem war es für diese Christen unmöglich, Arbeit zu finden. Aber nach und nach verbreitete sich das Wort des Herrn und die Dorfbewohner fanden zum Glauben. Heute sind in der Region um Abiti etwa 6 % Christen, das sind etwa 10'000 Menschen, von denen 450 im Dorf selbst leben.
Es war jedoch ein harter Kampf, um zu diesem Ergebnis zu gelangen! Ein Muslim, der sein Leben Jesus übergibt, lehnt die Lehre des Korans ab und wird zu einer Art «Makel», der beseitigt werden muss, selbst mit heftigster Gewalt. Konvertiten wurden ermordet oder «einfach» verprügelt, fälschlicherweise beschuldigt und ins Gefängnis geworfen. Andere sahen ihre Häuser in Brand gesteckt, einige wurden entführt.
Den Hass auslöschen
Angesichts dieser Eskalation der Gewalt beteten die Gründer der Kirche, um zu wissen, wie sie reagieren sollten, um dem Hass ein Ende zu setzen. Die Armut, in der die neuen Christen lebten, machte deutlich, wie dringend es war, einkommensschaffende Aktivitäten zu entwickeln. Aber nach ihrem Gebet waren die Verantwortlichen der neuen Kirche davon überzeugt, dass sie anders handeln sollten: Gott rief sie dazu auf, eine Schule zu bauen.
Pastor Docho erinnert sich an seine Ratlosigkeit. Wo sollte er anfangen? Wie sollte er vorgehen? Er kaufte ein Grundstück, das von Muslimen gestohlen wurde. Nach zahlreichen Verfahren und Zwischenfällen erhielt die Kirche das Grundstück zurück und baute eine Schule. Zehn Jahre später, im Jahr 2023, öffnete diese Schule ihre Türen und nahm ihre ersten Schüler auf.
Zur allgemeinen Überraschung wurden an dieser Schule nicht nur die Bibel, sondern alle normalen Fächer unterrichtet, um «Lesen, Schreiben und Rechnen» zu lernen und sich weiterzubilden. Christen und Muslime sind dort willkommen, ohne jeglichen Druck, die Religion zu wechseln. Die Lehrkräfte sind zwar überwiegend Christen, aber eine Lehrerin ist Muslima.
Eine Schule als Brücke zwischen Gemeinschaften
Darin liegt das Geheimnis einer solchen Schule, die als «Brückenschule» bezeichnet wird: Sie schlägt eine Brücke zwischen Gemeinschaften, die miteinander im Konflikt stehen. Das Ziel ist, dass christliche und muslimische Kinder dort eine qualitativ hochwertige Ausbildung in einem sicheren Umfeld erhalten. Wenn sie gemeinsam rechnen und lesen lernen, wenn sie abwechselnd auf derselben Schaukel schaukeln und gemeinsam auf dem gleichen Spielplatz spielen, dann haben sie Beziehungen zueinander als Menschen aufgebaut, die sich gegenseitig schätzen.
Dieses Projekt hat übrigens auch die lokalen Behörden überzeugt. Nicht weit von Abiti hat eine wütende Menschenmenge kürzlich Christen aus ihrem Dorf vertrieben. Der Verwalter der Region rief Docho an und fragte ihn: «Könnt ihr dort eine Schule bauen? Wir geben euch das Land.» Die ehemaligen Verfolger bieten nun ihre Hilfe an. In Abiti hat sich der positive Kreislauf der Nächstenliebe in der Tat in Gang gesetzt.
«Diese Schule hat uns geholfen, eine Brücke zwischen Christen und Muslimen zu bauen. Ohne diese Schule hätten wir diese Brücke nicht gebaut.»
Pastor Docho
«Ohne diese Schule gäbe es viel weniger Liebe in unserer Gemeinschaft. Bei uns leben viele verschiedene Volksgruppen. Wir verstehen uns besser, wenn unsere Kinder dieselbe Schule besuchen.» – Pawlos, Vater eines Jungen, der die christliche Schule in Abiti besucht