In Malaysia wurde eine Gesetzesnovelle angekündigt, die Christen und andere religiöse Minderheiten stark beunruhigt. Die jetzt von der Regierung präsentierte Beschlussvorlage würde der Scharia (islamisches Recht) erheblich mehr Einfluss auf die geltende Rechtsprechung verschaffen. Dies hätte besonders für Christen muslimischer Herkunft weitreichende Konsequenzen.
Die vorgeschlagene Änderung mit dem Kürzel RUU355 wurde kürzlich zusammen mit vier neuen Gesetzen und sieben Änderungen bestehender Gesetze vom malaysischen Premierminister angekündigt. Alle zielen darauf ab, die bestehenden Scharia-Gerichte weiter zu stärken.
Mia Hapsah* ist eine lokale Partnerin von Open Doors und erläutert die jüngste Entwicklung in ihrem Land. Eine Konsequenz für Christen muslimischer Herkunft wäre, dass sie im Fall einer Verurteilung wegen einer Straftat mit höheren Geldstrafen rechnen müssen. Hapsah verdeutlicht dies am Beispiel von «Apostasie» [Abkehr vom islamischen Glauben]: «In den meisten Landesteilen kann Apostasie bereits mit Geld- und/oder Freiheitsstrafen geahndet werden. In einigen Bundesstaaten ist dafür ein Jahr Gefängnis vorgesehen. In anderen Staaten sind es zwei Jahre. Aber jetzt, durch RUU355, wird eine maximale Haftzeit von 30 Jahren vorgeschlagen! Es gibt keine Straftat im Geltungsbereich der malaysischen Scharia, die ein solches Strafmass rechtfertigen könnte!»
Problematisch ist nach Hapsahs Bewertung auch, dass RUU355 nicht im Detail ausführt, welche Vergehen mit solchen Strafen geahndet werden können. Dadurch könne das Gesetz leicht missbraucht werden. Sie sagt: «Diese Novelle würde Christen, insbesondere ehemalige Muslime, in eine gefährliche Lage bringen. Sie leben bereits jetzt in der Angst, nach dem geltenden Scharia-Gesetz verurteilt zu werden; diese Gesetzesänderungen würden ihre Situation noch verschlimmern.»
Manche Beobachter fürchten, dass RUU355 künftig auch zur Einführung drakonischer Körperstrafen wie Auspeitschen, Amputation von Körperteilen oder Todesstrafe führen könnte. Für Hapsah wäre dies ein Bruch der geltenden Verfassung: «Malaysia wurde als säkularer Staat konzipiert und nicht als theokratischer Staat. Es wurde klargestellt, dass der Staat keiner bestimmten Religion Privilegien oder Vorteile gewährt. In den letzten drei Jahrzehnten hat Malaysia aber begonnen, Merkmale eines islamischen Staates zu zeigen. Die Rolle der Religion hat in Politik, Recht und Verwaltung deutlich zugenommen.»
Zusätzlich zu den vorgeschlagenen Änderungen wird derzeit ein Gesetz zur Kontrolle und Einschränkung der Verbreitung nicht-muslimischer Religionen erarbeitet. Dadurch werden möglicherweise auch Nicht-Muslime unter das Scharia-Recht gestellt. «Dies hat bei den Nicht-Muslimen weitere Besorgnis ausgelöst, da die Scharia laut Verfassung für Nicht-Muslime nicht bindend ist», erklärt Hapsah.
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