In Kürze
Religiös motivierte Gewalt nimmt zu, während sich Subsahara-Afrika destabilisiert
Die Gewalt gegen Christen hat in der Berichtsperiode des Weltverfolgungsindex 2024 zugenommen.
Ausschlaggebend für den allgemeinen Anstieg der Gewalt war eine Zunahme der Angriffe auf Kirchen, christliche Häuser und Geschäfte. Mindestens 4565 Christen wurden wegen ihres Glaubens in Subsahara-Afrika getötet. Wie im Vorjahr fanden etwa 9
von 10 dieser religiös motivierten Tötungen in Nigeria statt.
Ende 2022 lebten 34,5 Millionen Menschen als Vertriebene – schätzungsweise 16,2 Millionen von ihnen waren Christen.
Wie in den Jahren zuvor boten Schwachstellen in der Staatsführung und Sicherheit Raum für dschihadistische Aktivitäten in Burkina Faso, Mali und Nigeria, aber auch in Somalia, Mosambik und anderen Ländern der Region.
Kirchen werden angegriffen wie nie zuvor
Im Berichtszeitraum von WWL 2024 wurden insgesamt 14'516 Kirchen in 78 Ländern angegriffen oder geschlossen.
Die mit Abstand meisten Kirchen, die geschlossen wurden, sind so genannte «Hauskirchen» in China (von denen viele im Laufe der Jahre auf Hunderte oder sogar Tausende von Mitgliedern angewachsen sind). Die Hauskirchen sind nun zu ihren Wurzeln
zurückgekehrt und haben sich in eine Vielzahl von weniger sichtbaren Hausgruppen aufgespalten.
Im Gegensatz zu China, wo Kirchen durch den Staat unter Druck gesetzt werde, sind es in Indien aufgebrachte Mobs, die Angriffe auf Kirchen verüben. Ein Beispiel dafür ist die Gewalt, die im Mai 2023 in Manipur ausbrach, wo innerhalb der ersten
36 Stunden des Konflikts 249 Kirchen zerstört wurden.
Obwohl Algerien auf der Liste der Länder, in denen die meisten Anschläge auf Kirchen verübt wurden, viel weiter hinten steht, ist die Situation in diesem Land nicht weniger verheerend. Von den 46 Kirchen, die der Église Protestante d'Algérie (Dachverband
der evangelischen Kirchen in Algerien) angeschlossen sind, waren 2023 nur noch vier geöffnet.
Gewalt in Indien nimmt vor den Wahlen massiv zu
Die Lage der Christen in Indien hat sich in einigen Teilen des Landes rapide verschlechtert.
Während der Weltverfolgungsindex 2023 10 indische Christen zählte, die wegen ihres Glaubens getötet wurden, sind es für den Index 2024 bereits 160. Auch die Zahl der Angriffe auf christliche Kirchen, Schulen, Wohnungen und Geschäfte hat seit dem
letzten Jahr drastisch zugenommen.
Mehr als 62’000 indische Christen waren in der Berichtsperiode 2024 gezwungen, ihre Heimat zu verlassen, die meisten von ihnen, nachdem im Mai 2023 in Manipur Konflikte zwischen der ethnischen Mehrheit der Meitei und der Minderheit der Kuki eskalierten.
Das Chaos in Manipur spielt sich vor dem bekannten Hintergrund des radikalen Hindu-Nationalismus ab, der die nationale Regierung und grosse Teile des Landes prägt. Die indischen Parlamentswahlen im Jahr 2024 werden das Problem nur noch verschärfen.
Es ist davon auszugehen, dass die regierende BJP in ihrer Wahlkampagne religiöse Konflikte als politischen Zündstoff einsetzen wird.
Christen sind im Nahen Osten und in Nordafrika immer weniger willkommen
Mehr als ein Jahrzehnt des Bürgerkriegs in Syrien hatte die christliche Präsenz im Land bereits zerstreut und geschwächt. Das verheerende Erdbeben im Februar 2023 verschlimmerte die ohnehin schon prekäre Lage noch weiter, wodurch das Land in die
Kategorie «Extreme Verfolgung» des WVI aufstieg.
Auch in anderen Teilen des Nahen Ostens verschlechtert sich das christliche Leben nach und nach. Tunesien steigt auf der Rangliste des Weltverfolgungsindex weiter auf, was auf das weitere Abdriften von Präsident Kais Saied in den Autoritarismus
zurückzuführen ist. Libyen ist inzwischen auf den dritten Platz des Index vorgerückt.
Chinas Einfluss in Subsahara-Afrika bedroht das christliche Leben
Chinas zunehmende Rolle in Afrika – in den Bereichen Infrastruktur, Technologie und Ausbildung –fördert und stärkt autokratische Regime in Afrika.
Afrikanische Regierungen geben jedes Jahr 1 Milliarde US-Dollar für Überwachungstechnologien aus. Der wichtigste Kunde ist Afrikas bevölkerungsreichstes Land, Nigeria.
Chinas Regierung hat Afrika als ersten Markt für den direkten Export seines autoritären Regierungsmodells gewählt. Auf einem neuen Campus in Tansania hat die Kommunistische Partei Chinas ihre erste Auslandsakademie eröffnet, die sich der Ausbildung
politischer Führungskräfte in Pekings Modell der Verschmelzung von Einparteienherrschaft mit Wirtschafts- und Sozialplanung widmet. Politische Parteien aus sechs afrikanischen Ländern haben bereits teilgenommen.